Nationalsozialistisches Unrecht und Wiedergutmachung

Auflistung durch die Stadt Frankfurt im Nationalsozialismus „arisierter“ Immobilien vom 11. Juli 1945

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Ende März 1945 von den einmarschierenden Amerikanern zum Amtierenden Bürgermeister von Frankfurt am Main ernannt, packte Wilhelm Hollbach gleich ein heikles Thema an: die Erwerbung von Immobilien aus jüdischem Besitz durch die Stadt während der NS-Diktatur. Hollbach signalisierte den früheren Eigentümern beziehungsweise deren Erben, dass er die Kaufobjekte ermitteln und bei Rückerstattung des Kaufpreises zurückgeben wolle.

Nachdem der „Haus- und Grunderwerb der Stadtgemeinde von Juden“ im Juni 1945 wiederholt auf der Tagesordnung von Amtsleiterbesprechungen gestanden hatte und auch die Militärregierung auf die Problematik aufmerksam geworden war, bat Hollbach das Bauamt um eine detaillierte Auflistung der in Frage kommenden Kaufverträge. Stadtbaurat Adolf Miersch legte am 11. Juli 1945 Hollbachs Nachfolger Oberbürgermeister Kurt Blaum das angeforderte Verzeichnis vor, das heute in einer Magistratsakte des Instituts für Stadtgeschichte archiviert ist (Signatur: 9.797).

Auf dem Deckblatt der Zusammenstellung erinnert Stadtbaurat Miersch, der seit 1928 beim Frankfurter Bauamt als Magistratsrat tätig gewesen ist und nach eigener Aussage „die Verhandlungen wegen der größeren Ankäufe aus jüdischem Besitz persönlich geführt“ hatte, an die seinerzeitige Rechtslage und betont, dass die Erwerbungen vom Frankfurter NS-Oberbürgermeister Friedrich Krebs und vom Regierungspräsidenten in Wiesbaden genehmigt worden sind.

Unter der Überschrift „Haus- und Grunderwerb der Stadtgemeinde Frankfurt am Main von Juden seit 30. Januar 1933“ werden in dem Verzeichnis auf 13 Seiten 135 Kaufverträge, die sich auf insgesamt 170 Objekte beziehen, mit Datum, Adresse, Quadratmeterzahl, Kaufpreis sowie Angaben zum Vorbesitzer, zu den unter Umständen miterworbenen Mobilien und zum Zweck des Erwerbs aufgeführt – die Liste ist ein Schlüsseldokumenten zur Geschichte der Stadt Frankfurt in der Zeit des Nationalsozialismus.

Die Geschichte der „Arisierung“ von Immobilien durch die Stadt Frankfurt und die nach 1945 erfolgte „Wiedergutmachung“ ist ein Desiderat der Forschung, zu dem bislang nur kleinere Beiträge vorliegen. Eine Dissertation mit dem Arbeitstitel „Die ‚Arisierung‘ von Grundbesitz durch die Stadt Frankfurt am Main im Zeitraum 1933-1945“ ist im Entstehen begriffen.

Auf Antrag der Koalitionsparteien CDU, SPD und Grüne hat die Stadtverordnetenversammlung im November 2018 beschlossen, den Magistrat zu bitten, „eine Studie vorzubereiten, in der die historische Rolle der Stadt Frankfurt und ihrer kommunalen Behörden im Rahmen der ‚Arisierung‘ jüdischer Grundstücke und Immobilien aufgearbeitet wird“ (§ 3312). Von der im Juli 1945 angefertigten Auflistung durch die Stadt Frankfurt „arisierter“ Immobilien soll die Studie ihren Ausgang nehmen.


Hinweise zur Benutzung

Die Liste durch die Stadt Frankfurt im Nationalsozialismus „arisierter“ Immobilien wird hier vollständig als Digitalisat zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Bestimmungen des Hessischen Archivgesetzes war ein Name unkenntlich zu machen.