© Stadtvermessungsamt: Stadtentwicklung Frankfurts 1955-1965 (Legende: schwarz = Bestand, rot = neu)
XDie Frankfurter Stadtentwicklung
Teil 6: 1955-1965
Auch im Jahrzehnt nach 1955 blieb die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum wegen des weiter starken Zuzugs ein drängendes Problem. Der eigentliche Wiederaufbau der Stadt war bis Anfang der sechziger Jahre weitgehend abgeschlossen. Bis Mitte der sechziger Jahre stieg die Einwohnerzahl auf einen nie mehr erreichten Höchststand von 695.000 Personen.
Als größtes Wohnungsbauprojekt mit 7.800 Wohnungen entstand ab 1961 die Nordweststadt als Trabantenstadt mit umfassender Infrastruktur, eingepasst in die umgebenden Vororte. Dorthin führte auch die erste Teilstrecke der ab 1963 begonnenen U-Bahn, die im innerstädtischen Bereich unterirdisch, weiter draußen auf eigenem Gleiskörper verkehrt. Nach fünfjähriger Bauzeit wurde sie 1968 zusammen mit dem Nordwestzentrum eröffnet.
Die mit dem Wiederaufbau einher gehende Verbreiterung etlicher Innenstadtstraßen suchte dem Druck des Individualverkehrs zu begegnen. Neuartige Parkhäuser entstanden im Stadtzentrum. Der sukzessive Ausbau der großen Ein- und Ausfallstraßen folgte noch dem Leitbild der verkehrsgerechten Stadt.
Eine erste Hochhausgeneration führte ab 1960 amerikanische Bauformen auch in Deutschland ein, nachdem schon Mitte der 1950er Jahre kleinere Verwaltungshochhäuser entstanden waren.
Der rasant wachsende Dienstleistungssektor weckte Bedarf nach Büroflächen über die räumlich begrenzte Innenstadt hinaus. Der Strukturwandel erfasste zunächst das von der Stadtplanung als City-Erweiterungsgebiet ausgewählte Westend. Die Umwandlung scheiterte seit Anfang der siebziger Jahre am Widerstand der ansässigen Bevölkerung, auch wenn bereits eingetretene Veränderungen nicht mehr rückgängig gemacht wurden.
Der Widerstand gegen die Wohnraumspekulation im Westend markierte einen Wendepunkt. Gegen die drohende Verödung von Innenstadt und Stadtvierteln entstand der Wunsch nach mehr Urbanität durch Sicherung des Baubestandes im Wohnumfeld.
Stadtteilentwicklungspläne bezogen die Bevölkerung in die Planung mit ein. Planerische Vorstellungen von der Realisierung des technisch Machbaren verschoben sich hin zu Stadtumbau und Stadtreparatur. Parallel zum Bau der die Maßstäbe menschlichen Wohnens sprengenden Hochhaussiedlungen der siebziger Jahre (Schlagwort: Urbanität durch Verdichtung) begann die Erneuerung der innenstadtnahen Wohngebiete (Bockenheim, Gutleutviertel, Bornheim, Ostend) und der Umbau der Innenstadt mit Schwerpunkt auf mehr Erlebniswert (Fußgängerzonen, endgültige Bebauung des Dom-Römerberg-Bereichs, Museumsneubauten beidseits der Mainufer).
Später ermöglichten die durch den Niedergang des produzierenden Sektors frei werdenden alten Industriestandorte (Mertonviertel Heddernheim, Moha-Gelände Sossenheim, Adlerwerke Gallusviertel, Landwirtschaftlicher Verein Ostend, City West Bockenheim, Deutschherrnviertel Sachsenhausen) eine Neubebauung. Zunehmend rückten die Häfen und Flussufer in den Blickpunkt (Wohnen am Fluss). Die teilweise Verlagerung der Universität (Naturwissenschaften) zum Niederurseler Hang wurde zum Kristallisationspunkt für einen späteren neuen Stadtteil (Riedberg).Ein Hochhausrahmenplan sollte den Bau neuer Hochhäuser auf verdichtete Standorte in der City konzentrieren.
Die Neukonzeption von Wohnvierteln der neunziger Jahre zielte von Anfang an auf eine verdichtete Bauweise und im Gegensatz zu den Siedlungen der siebziger auch auf Einrichtungen zur Versorgung des täglichen Bedarfs. In Niederrad entstand ein eigener Bürostadtkomplex zur Entlastung der City ab Mitte der sechziger Jahre.
Nicht nur im Stadtgebiet, sondern auch an der Peripherie und Umgebung wurde die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut: Erweiterung des Flughafens durch ein neues Terminal mit vermehrten Flugzeugabstellplätzen 1972, neue Startbahn 1984 und zweites Terminal 1994. Ein S-Bahn-Netz band ab 1978 das Umland besser an die Kernstadt an.
Die Eingemeindungen von Nieder-Erlenbach, Nieder-Eschbach, Kalbach 1972, Bergen-Enkheim 1977 verschafften der Stadt dringend benötigte neue Flächen.
Der Abzug des amerikanischen Militärs ab Anfang der neunziger Jahre eröffneten der Stadtplanung neue Möglichkeiten der Nutzung. Geräumt wurden Kasernen, Wohnsiedlungen, Flughäfen (Airbase, Maurice-Rose-Airfield). 1995 betrug die Einwohnerzahl 653.000 Einwohner.
Text: Klaus Rheinfurth