© ISG FFM, Bartholomäusstift Nr. 1a
XFrankfurts älteste Urkunde
Die älteste erhaltene Frankfurter Originalurkunde wurde am 2. Dezember 882 in Frankfurt von Kaiser Karl III. dem Dicken (geb. 839, Kaiser 881-887) ausgestellt. Karl war der dritte Sohn des ostfränkischen Königs Ludwigs des Deutschen (gest. 876) und ein Urenkel Karls des Großen (gest. 814).
Mit dem Tod Kaiser Ludwigs I. des Frommen (gest. 840) zerbrach die Einheit des fränkischen Reiches. Nach langjährigen Kämpfen schon zu Lebzeiten des Vaters einigten sich seine drei Söhne im Jahr 843 im Vertrag von Verdun über die Aufteilung des Reiches: Karl II. der Kahle (gest. 877) erhielt Westfranken, Ludwig II. der Deutsche Ostfranken und Lothar I. (gest. 855) den dazwischen gelegenen Streifen von der Nordsee bis nach Süditalien (Lotharingien) sowie den Kaisertitel.
Nach Lothars I. Tod wurde sein Reich unter seinen drei Söhnen aufgeteilt, die jedoch kinderlos starben: Karl der Kahle brachte den größten Teil des ehemaligen Mittelreiches unter seine Herrschaft und wurde 875 vom Papst zum Kaiser gekrönt. Nach Ludwigs des Deutschen Tod am 28. August 876 in Frankfurt versuchte er dann auch, ganz Lothringen und eventuell sogar das ostfränkische Reich zu erobern, wurde aber von Ludwigs gleichnamigem Sohn am 8. Oktober 876 bei Andernach besiegt.
Fast genau ein Jahr später starb Karl der Kahle und innerhalb weniger Jahre auch sein Sohn Ludwig II. der Stammler (879) und seine beiden Enkel Ludwig III. (882) und Karlmann (884). Da der Thronerbe, ein weiterer Enkel Karls des Kahlen, erst fünf Jahre alt war, erhoben die westfränkischen Adligen angesichts der Normannengefahr den ostfränkischen Herrscher und Kaiser Karl III. den Dicken zum König.
Das ostfränkische Reich war nach Ludwigs des Deutschen Tod unter seinen drei Söhnen aufgeteilt worden: Karlmann (gest. 880) wurde König von Bayern und erlangte 877 auch die italienische Krone. Ludwig III. der Jüngere (gest. 882) wurde König von Franken, Thüringen und Sachsen, während Karl III. der Dicke lediglich Alemannien und Churrätien erhielt. Wegen einer schweren Krankheit verzichtete Karlmann im Jahr 779 zugunsten Karls III. auf die italienische Königskrone, während Ludwig der Jüngere Karlmanns Nachfolge in Bayern antrat.
Daraufhin wurde Karl der Dicke am 12. Februar 881 in Rom vom Papst zum Kaiser gekrönt. Im folgenden Jahr wurde er nach dem Tod seines Bruders Ludwig König von ganz Ostfranken, und mit der Übernahme der westfränkischen Krone im Jahr 885 war das gesamte Reich Karl des Großen noch einmal für kurze Zeit vereinigt. Da Karl die Normannen nur durch Tributzahlungen in Schach zu halten versuchte, außerdem schwer krank war und im Juni 887 seinen Erzkanzler entließ, erhoben die ostfränkischen Adligen Karlmanns unehelichen Sohn Arnulf von Kärnten zum König. Karl musste Ende 887 abdanken und starb kurz darauf am 13. Januar 888.
In der Urkunde vom 2. Dezember 882 bestätigte Karl eine Stiftung seines Vaters Ludwigs des Deutschen. Dieser hatte in der von seinem Vater Ludwig dem Frommen errichteten Pfalz Frankfurt nicht nur eine Salvatorkapelle erbauen lassen, die am 1. September 852 vom Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus geweiht worden war, sondern darin auch ein Kanonikerstift mit 12 Klerikern eingerichtet. Frankfurt war nun zusammen mit Regensburg Hauptort des ostfränkischen Reiches.
Zur Bestreitung des Lebensunterhaltes hatte Ludwig der Deutsche dem Salvatorstift 15 im Rhein-Main-Gebiet verstreute Güter übergeben, darunter das Kloster zu Oberursel, die Kirche auf dem Gut Stetten bei Harheim, die Kirche zu Sprendlingen, das ehemalige Lehen des Ruotker zu Seckbach, die Kirche zu Schwanheim, 3 Hufen Land zu Kelsterbach und das Gut Kelkheim. Der Vorsteher der Kapelle, Abt Williher, war nicht heerbannpflichtig und sollte die Kapelle wie ein königliches Lehen auf Lebenszeit innehaben. Karl III. fügte nun der väterlichen Stiftung noch den neunten Teil aller Erträge an Getreide, Wein, Frischlingen, Silber und allem anderen hinzu, was ihm aus den Domänengütern Frankfurt, Trebur, Ingelheim, Kreuznach, Kaiserslautern, Gernsheim, Nierstein und den Wormser Gütern im Wasgau zustand.
Die lateinische Pergamenturkunde ist mit einem Kaisersiegel aus Wachs versehen, dessen Stempel nach dem Vorbild einer Gemme gearbeitet ist. Oben ist deutlich der Eindruck des Ringes zu erkennen. Zu sehen ist eine Büste im Profil mit einem jugendlichen, bartlosen Kopf und kurzem Haar. Vor der Brust befindet sich ein kleiner Rundschild mit Buckel, dahinter eine Lanze mit Fahne. Die Umschrift lautet: „Karolus Imperator“.
Von den insgesamt drei Ausfertigungen der Urkunde liegen zwei in Frankfurt (Bartholomäusstift Urkunden 1a und 1b). Das dritte Exemplar, wahrscheinlich eine Fälschung des 10. Jahrhunderts, wurde während der Revolutionskriege am Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Kloster St. Maximin bei Trier nach Paris gebracht. Als das Salvatorstift (seit dem 13 Jh. Bartholomäusstift) 1803 säkularisiert wurde, ging das Stiftsarchiv und damit auch die beiden Urkunden in städtischen Besitz über.
Text: Michael Matthäus