© ISG FFM, Bethmannarchiv VI D 5: Briefkopf der Firma S. und J. Rinz
XKunst- und Handelsgärtner Jacob Rinz und die Gärtnerei S. und J. Rinz
Mit Camellia japonica Francofurtensis und Camellia japonica Teutonia züchteten der Frankfurter Handelsgärtner Jacob Rinz und die Handelsgärtnerei Grüneberg zwei besondere Kameliensorten. Beide erlangten unter Kamelienliebhabern im 19. Jahrhundert große Bedeutung.
Die Geschichte der Firma Grüneberg ist noch ungeschrieben und obwohl der Name Rinz durch den Stadtgärtner Sebastian Rinz in Frankfurt bekannt ist, ist auch hier die Geschichte der Gärtnerei nur bruchstückhaft bekannt. Wie häufig hat sich ein Firmenarchiv nicht erhalten. Daher musste die Spurensuche in anderen Quellen aufgenommen werden.
Jakob Rinz wurde am 28. April 1809 als erster Sohn des Frankfurter Stadtgärtners Sebastian Rinz geboren. Sein Vater führte neben seiner Funktion als Stadtgärtner seit 1811 auch eine Blumen- und Samenhandlung. Ausgebildet im väterlichen Betrieb leistete er 1831 den Bürgereid als Kunst- und Handelsgärtner. In seinem Gesuch gibt er an, sich durch Reisen in seiner Profession vervollkommnet zu haben und außerdem mit Sämereien handeln zu wollen.
Wenige Wochen später erhält er außerdem die Erlaubnis, seine Cousine Elisabetha Magdalena Sester aus Aschaffenburg zu heiraten. Sein Vater musste bei seiner Einbürgerung ursprünglich die Bedingung akzeptieren, dass sich seine Söhne nur mit Frankfurter Bürgerinnen verheiraten durften (ISG, Senatssupplikation 166/12, Jakob Rinz).
Nach Erteilung des Bürgerrechts dürfte Jacob mit seinem Vater die Handelsgärtnerei S. und J. Rinz geführt haben. Noch 1834 hatte Sebastian Rinz ein Blumen- und Samengeschäft in der Langestraße B 14. Die Frankfurter Adressbücher weisen Sebastian und Jacob Rinz immer als Einzelpersonen und erst ab 1837 unter der gemeinsamen Adresse in der Mainzer Chaussee, später Mainzer Landstraße 6, nach.
Durch Verlegung des Eingangsbereichs der Gärtnerei im Zuge der Neuanlage der Mainzer Chaussee/Landstraße lautete seit 1860 die Anschrift Guiollettstr. 7. 1842 veranlasste Sebastian Rinz eine Grundstücksübertragung und vermutlich auch die Übergabe der Geschäftsleitung an seine Söhne Jacob und Franz Joseph. In den Nachlassunterlagen von Sebastian Rinz findet sich dazu der Hinweis, dass die Eltern Rinz 1842 „die Existenz der Söhne Jacob und Franz Joseph Rinz mit wahrer elterlich-aufopfernder Freigiebigkeit gegründet“ (ISG, Stadt- und Amtsgericht, Nachlassakten 1861/376, Sebastian Rinz) haben. Sebastian Rinz war zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alt.
Franz Joseph Rinz war am 21. Juli 1818 als achtes und jüngstes Kind von Sebastian Rinz geboren worden. 1841 leistete er den Bürgereid als Kunst- und Handelsgärtner. Ausgebildet im väterlichen Betrieb befand er sich dann zur weiteren Fortbildung drei Jahre in Belgien, England und anderen Teilen Deutschlands (ISG, Senatssupplikation 398/2, Franz Joseph Rinz). Noch 1854 taucht er in den Adressbüchern in der Mainzer Chaussee auf, ab 1855 dann in der Eckenheimer Landstr. 4/5. Ursache war die geschäftliche Trennung der beiden Brüder. Franz Joseph gründete eine Friedhofsgärtnerei, die nach seinem Tod in fremde Hände überging (Otte, B.: Stadtgärtner Rinz, in: Zeitschrift für bildende Gartenkunst 1893, S. 43).
Jacob Rinz war der Motor der Handelsgärtnerei, die Mitte des 19. Jahrhunderts über deutsche Grenzen hinweg bekannt geworden war, offen für Neuerungen im Gartenbau und deren Verbreitung. Auch mit eigenen Züchtungen wurde er weltbekannt. So gelang ihm bereits zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit die Züchtung einer neuen Kameliensorte, die die Bezeichnung Camellia japonica Francofurtensis erhielt. Sie wurde sehr erfolgreich und fehlte in keiner bedeutenden Sammlung in dieser Zeit (Rinz, Jacob: Briefliche Mitteilung über die Entstehung der Camellia japonica „Francofurtensis“, in: Allgemeine Gartenzeitung (Otto und Dietrich), Berlin 1834, S. 342ff.).
In Zeitungen kündigte Rinz den Blumisten, wie die Blumenliebhaber bezeichnet wurden, die jeweilige Blütezeit seiner Orchideen, des Rhododendrons oder der Azaleen an. Bei Rinz trafen sich Gärtner und private Blumenfreunde. Daneben bestand auch eine Baumschule, die bis zum Ausscheiden von Franz Joseph Rinz geleitet wurde (Otte, S. 43.). 1854 errichtete Jacob Rinz das erste ganz aus Glas und Eisen konstruierte Blumenschauhaus in Frankfurt, eine Architekturform, die aus England kam. Damit hatte Rinz in Eigeninitiative dem Mangel einer fehlenden Ausstellungshalle der Frankfurter Gartenbaufreunde abhelfen wollen. Der Eingang dieses Schauhauses lag zur neu angelegten Guiollettstraße. Das Hauptschiff des Gebäudes endete in einer Rotunde, in der sich ein Springbrunnen befand. Dieser „Tempel der Flora“ war für eine ständige Blumenausstellung gedacht.
Bereits im April 1855 wurde dort die erste Blumenausstellung der Sektion für Garten- und Feldbau, einer Gründung der Gesellschaft zur Beförderung der nützlichen Künste und deren Hülfswissenschaften (heute: Polytechnische Gesellschaft) veranstaltet.
Ausgestellt wurden vor allem Koniferen, Neuholländer und andere immergrüne Pflanzen, daneben farbenprächtige Blumen wie Rhododendron, Azaleen, Kamelien und Rosen. Rinz als Eigentümer des Blumenhauses hielt sich selber mit der Ausstellung von Pflanzen zurück.
Das Ausstellungshaus fand jedoch nicht den gewünschten Zuspruch. Rinz kritisierte in Beiträgen für die Gartenzeitschrift Gartenflora die mangelnde Beteiligung Frankfurter Gärtner. Zwar fand zur gleichen Zeit eine Konkurrenzveranstaltung in Mainz statt, jedoch sprach er hier einen Konflikt an, der bereits Mitte der 1840er Jahre die Sektion für Garten- und Feldbau, in dem Rinz Mitglied war, gespalten und im Januar 1848 zur Gründung der Gartenbaugesellschaft Flora geführt hatte. Bei den Preisverleihungen war es zu Missstimmungen gekommen, zudem empfanden einige Mitglieder die Vorschriften der Polytechnischen Gesellschaft als zu eng. Darauf hin gründete sich die neue Gesellschaft, die auch Nichtgärtner aufnahm und dadurch einen sehr hohen Zulauf erhielt (Gartenflora, Allgemeine Monatsschrift für ... Blumenkunde, 4. Jg. 1855: 235-240 und 8. Jg. 1859: 293f.).
Nach Errichtung des Blumenschauhauses hatte Rinz außerdem seine Gärtnerei völlig umgestaltet. Die alten aus Stein und Holz gebauten Gewächshäuser, die teilweise seit 28 Jahren existiert hatten, wurden wegen der Erweiterung der Mainzer Chaussee abgerissen. Dafür wurden neue, ebenfalls aus Glas und Eisen gebaute Gewächshäuser errichtet, die über eine Verbindungsveranda mit dem neuen Blumenschauhaus verbunden wurden. Auf diese Weise entstand ein großer Wintergarten, in dem exotische Pflanzen im Winter geschützt waren.
Nach Fertigstellung der Anlage Anfang 1858 war der Andrang durch die Öffentlichkeit sehr groß. Jedoch hatten sich die Hoffnungen Rinz nach einer allgemeinen Nutzung seines Blumenhauses nicht verwirklicht. Während sich bei der Ausstellung im April 1855 immerhin noch einige Mitglieder der Gartenbaugesellschaft Flora beteiligt hatten, mied der Verein danach die Nutzung des Rinzschen Baus. Jacob Rinz war auch Unternehmer und diese Ausstellungen boten eine große Werbung für seinen Betrieb. Diesen Gefallen wollten ihm die Flora-Mitglieder nicht tun, zudem befanden sie die Rinzsche Gärtnerei als zu abgelegen. Stattdessen veranstalteten sie eigene Ausstellungen in herkömmlichen aus Holz gezimmerten Ausstellungshäusern auf dem Goetheplatz, die Rinz despektierlich als „Bretterbuden“ bezeichnete (Rinz, Jacob: Mitteilungen aus Frankfurt a/M, in: Gartenflora 1859, S. 100-105; ISG FFM, Bethmannrarchiv III/34).
Die von der Flora seit 1857 veranstalteten Ausstellungen erbrachten sogar Überschüsse und übertrafen in der Größe die Rinzschen Ausstellungen. Die Tätigkeit der alten Sektion für Garten- und Feldbau war dagegen fast zum Erliegen gekommen. Kritik gegenüber Rinz äußerte sich auch darin, dass er das ganze Jahr Eintritt für seine Ausstellung verlangt habe, nicht jedoch an dem Tag, an dem die Flora ihre Ausstellung eröffnet hatte. Die Frankfurter Gartenfreunde waren gespalten und so war ein Aufruf zur „concordia“ geboten (Gartenflora, 1859, S. 293-296). Erst aufgrund der Initiative eines Schülers des alten Sebastian Rinz, Heinrich Siesmayer, gelang durch die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Errichtung eines Palmengartens der Bau eines großen Palmenhauses, dessen Architektur entfernt an das Rinzsche Blumenschauhaus erinnert (Rödel, Volker: Ingenieurbaukunst in Frankfurt am Main 1806-1914, Frankfurt 1983, S. 314 u. 318).
Das Ende der Handelsgärtnerei Rinz wurde durch die in kurzen Abständen folgenden Todesfälle der Kunst- und Handelsgärtner eingeleitet. Am 11. Dezember 1860 starb Jacob Rinz im Alter von 51 Jahren, nur wenige Monate vor seinem Vater, der am 8. April 1861 im Alter von 79 Jahren verstarb. Das Geschäft wurde von Jacobs Bruder Franz Joseph weitergeführt, der noch im gleichen Jahr am 1. September 1861 verstarb. An seine Stelle trat nun Jacobs Sohn, Johann Jacob Rinz, der seine Ausbildung ebenfalls im väterlichen und großväterlichen Betrieb erhalten hatte und erst im August 1860 den Bürgereid zum Kunst- und Handelsgärtner geleistet hatte (ISG, Senatssupplikation 750/15, Johann Jacob Rinz).
Johann Jacob Rinz verstarb am 1. März 1863 im Alter von nur 27 Jahren. Da nun kein Nachfolger mehr vorhanden war, wurde der Betrieb verkauft. Johann Jacob Rinz hatte sich bereits am 1. Februar 1863 von den Gewächshauskulturen getrennt, die an die Öffentlichkeit ausverkauft wurden, und nur die Baumschule und den Handel mit Freilandpflanzen beibehalten (ISG, Stadt- und Amtsgericht: Nachlassakten 1863/377, Johann Jacob Rinz).
Für die juristische Transaktion gründeten die Brüder Johann Jacobs, der Ökonom Sebastian Rinz und der Ingenieur Franz Joseph Rinz im Juli 1863 ein Pflanzen- und Blumengeschäft S. und J. Rinz. Im August 1863 wurde der Handelsmann Johann Georg Wunderlich als Teilhaber aufgenommen und bereits ab dem 9. September 1863 war er alleiniger Inhaber (ISG, Stadt- und Amtsgericht: Handelsregisteranträge 2264, S. und J. Rinz). Wunderlich verlegte den Betrieb später nach Oberursel. Das Blumenschauhaus wurde vom hessen-darmstädtischen Großherzog erworben und im Darmstädter Herrengarten aufgestellt (Otte, S. 43).
Text: Sylvia Goldhammer