Geschichte des Karmeliterklosters

Im Zentrum der Europastadt und Finanzmetropole Frankfurt am Main liegt das wie ein Kleinod der Ruhe anmutende ehemalige Karmeliterkloster, dass heute das Gedächtnis der Stadt Frankfurt am Main beherbergt.

Mitte des 13. Jahrhunderts erhielten erstmals Mönche des in Palästina gegründeten Karmeliterordens Zuflucht auf dem heutigen Areal des Karmeliterklosters. Aus der zuerst spärlichen Notunterkunft erwuchsen innerhalb der nächsten zweieinhalb Jahrhunderte die Profan- und Sakralbauten, die für eine klösterliche Gemeinschaft notwendig waren. 1270 kam es zur ersten Weihung eines Altars für die Patronin des Mönchsordens sowie einer Begräbnisstätte. Im Jahre 1290 wurde die bestehende Kirche durch einen Erweiterungsbau mit Rechteckchor vergrößert und um 1400 kam es zu einer Erweiterung des Haupthauses. Im 15. Jahrhundert wurde, nicht zuletzt durch die deutliche Zunahme von Ordensmitgliedern, Novizen und Laien, der konsequente Ausbau des Klosterareals durch den Erwerb anliegender Gebäude und Bauflächen vorangetrieben.

Die kostspieligen Erweiterungen und Umbauten wären nicht möglich gewesen ohne die großzügigen Zuwendungen von Patrizierfamilien aus Frankfurt und Umgebung, die mit Bestattungsplätzen im Kirchenraum sowie Andachten und Messen vergolten wurden. Die Spendenfreudigkeit der Gläubigen erstreckte sich auch auf dessen künstlerische Ausgestaltung. 1515 erging an den schwäbischen Maler Jörg Ratgeb der Auftrag, den Kreuzgang sowie das Refektorium mit Wandmalereien zu schmücken. Die prunkvollen und das Karmeliterkloster europaweit bekanntmachenden Malereien waren kaum vollendet, als sich die Reformation in Deutschland ausbreitete. Sie bedeutete einen erheblichen Bruch für die klösterliche Entwicklung. Sowohl der Rat als auch die Bürgerschaft Frankfurts wandten sich gegen den ‚alten Glauben‘ und bekannten sich zu den Reformen Luthers. Ab 1524 zogen sich auch die verschiedenen dem Kloster nahestehenden Bruderschaften zurück.

Nach Jahren reformatorischer und kriegerischer Wirren erfuhr das Karmeliterkloster erst wieder in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einen gewissen Aufschwung, sowohl in geistiger, religiöser wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Das Jahr 1803 bedeutete für das Klosterleben ein jähes Ende. Aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses wurden alle Stifte und Klöster – so auch das Karmeliterkloster – aufgelöst und der Stadt Frankfurt zugesprochen. Mit der Säkularisation einher ging die systematische Demontage und Umwandlung des Karmeliterklosters.

Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich ein neues Verständnis für die kulturhistorischen Zeugnisse Frankfurts. 1922 gründete sich unter der Leitung von Fried Lübbecke der „Bund tätiger Altstadtfreunde“, der maßgeblich die Wiederherstellungsarbeiten forcierte und damit einen drohenden Abriss des Klosters verhinderte. Die Maßnahmen am Kloster dauerten unter der Leitung von Theodor Derlam, dem Baumeister der Altstadt, bis zum Jahr 1943 an. Der Zweite Weltkrieg richtete in Frankfurt unermessliche Schäden an. Von der Altstadt mit ihren verwinkelten und malerischen Gassen blieb so gut wie nichts erhalten. Da der Wohnungsneubau in der Altstadt oberste Priorität genoss, wurden erste Wiederaufbaumaßnahmen am Karmeliterkloster erst ab 1951 durchgeführt. 1959 konnte das Stadtarchiv Teile des an die Kirche angelehnten Nordflügels, der ehemaligen Vorhalle, beziehen. In den Jahren 1975 bis 1977 fanden verschiedene denkmalpflegerische Arbeiten im Karmeliterkloster statt. So wurde unter anderem der Kreuzgang erneut verglast, um die Wandmalereien zu schützen, und das Refektorium renoviert. Die Kirche hingegen blieb weiterhin als Ruine stehen und diente als Ablageplatz für Steindenkmäler. 1979 beschloss die Stadt schließlich den Wiederaufbau der Kirche. Sie sollte Teil eines neuen Museumsbaus für die Sammlungen der Vor- und Frühgeschichte werden. In den Jahren 1980 bis 1986 wurden die Ratgeb-Bilder – sowohl im Refektorium als auch im Kreuzgang – von einem Warschauer Restauratorenteam umfassend wiederhergestellt.

Das Museum für Vor- und Frühgeschichte entstand in den Jahren 1987 bis 1989. Bei seinem Entwurf fasste der Architekt Josef Paul Kleihues die Karmeliterkirche und die St.-Anna-Kapelle als autonome Kunstwerke auf und nahm zugleich mit seinem modern konzipierten Anbau inhaltlich Bezug auf sie. In dem zu Ausstellungszwecken umgestalteten Kirchenbau präsentiert das Museum, das seit 2002 den Namen Archäologisches Museum führt, die Archäologie Frankfurts und des Umlandes von den frühesten Zeiten bis ins Mittelalter; in dem Neubauteil an der Alten Mainzer Gasse sind die Museumssammlungen zur vorderasiatischen und klassischen Archäologie ausgestellt.

1998 beschlossen Stadtverordnetenversammlung und Magistrat, bis dahin anders genutzte Räumlichkeiten des Karmeliterklosters wie Kreuzgang, Refektorium und Dormitorium dem Institut für Stadtgeschichte zuzuschlagen. Die Idee dabei war, das Gesamtareal des Klosters zu einem „Zentrum der Frankfurter Historie“ zu entwickeln. Eine grundlegende Sanierung des gesamten Klosters – mit Ausnahme der Räumlichkeiten des Archäologischen Museums – erfolgte in den Jahren 2006 bis 2010.

Das Karmeliterkloster ist heute die einzige erhaltene mittelalterliche Klosteranlage Frankfurts. Von herausragender kunsthistorischer Bedeutung sind vor allem die Wandmalereien des schwäbischen Malers Jörg Ratgeb, die dieser zwischen 1515 und 1521 anfertigte. Die Darstellungen der Ordensgeschichte der Karmeliter sowie der Heilsgeschichte gelten als die bedeutendsten vorbarocken Wandmalereien nördlich der Alpen. Das Institut für Stadtgeschichte, das zu den wichtigsten deutschen Kommunalarchiven gehört und die schriftlichen Zeugnisse der Stadt Frankfurt am Main seit dem frühen Mittelalter verwahrt, sowie das Archäologische Museum residieren noch heute im Karmeliterkloster.