© ISG FFM S8-2/264-5: Stadtentwicklung Frankfurts 1900-1914, gezeichnet von Werner Hebebrand
XDie Frankfurter Stadtentwicklung
Teil 3: 1890-1914
In der Ära des Oberbürgermeisters Franz Adickes (1890-1912) forcierte sich der Ausbau zur Industriestadt und Wirtschaftsmetropole und Frankfurt wuchs auch flächenmäßig zur wirklichen Großstadt. Die Einwohnerzahl stieg bis zum 1. Weltkrieg durch Eingemeindungen (1895: Bockenheim, 1900: Niederrad, Oberrad, Seckbach, 1910: Berkersheim, Bonames, Eckenheim, Eschersheim, Ginnheim, Hausen, Heddernheim, Niederursel, Praunheim, Preungesheim, Rödelheim) und Wanderungsgewinn (bis 1905 rund 110.000) auf 437.000 Personen.
In dieser Phase folgte die Stadtentwicklung erstmals einer Gesamtplanung. Ein 1891 verabschiedeter Bebauungsplan unterschied erstmals Wohngebiete von Industrie- und Mischgebieten und dämmte die städtebaulichen Auswüchse der Miquel-Ära ein, indem er den Geltungsbereich der alten Bauordnung auf die Kernstadt festlegte und für die Außenbezirke neue Vorschriften erließ. Das 1902 erlassene Umlegungsgesetz ermöglichte eine gezielte städtische Planungspolitik, mit der die Bodenpreise der bloßen Spekulation entzogen wurden.
Die weitere Entwicklung der Stadt wurde bestimmt durch einen großzügig dimensionierten zweiten Ring, der die Innenstadt in einem Abstand von ein bis eineinhalb Kilometer Entfernung umspannte und von der Messe bis nach Bornheim reichte. Dieser Alleenring wie auch weitere repräsentative Straßenanlagen erschlossen neue Bau- und die sich weiter verdichtenden citynahen Wohngebiete. Hier siedelten sich die Verwaltungsbauten der wilhelminischen Ära an (Polizeipräsidium 1914, Eisenbahndirektion (1908), Oberpostdirektion (1907), Senckenbergmuseum (1907).
In Alt- und Innenstadt entstanden entlang weiterer Straßendurchbrüche neue Verwaltungs-, Geschäfts- und Wohnbauten (neues Rathaus 1908). Es entstanden die ersten städtischen Parks bzw. gingen von privater Hand an die Stadt über (Günthersburgpark 1891, Ostpark 1910, Holzhausenpark 1913, Huthpark 1913).
Um dem Raumbedarf der weiter prosperierenden Industrie Rechnung zu tragen, wurde im Osten der Stadt ein weitläufiges Industriegebiet ausgewiesen, zu dessen Versorgung ein neuer Osthafen (1912) diente, der Dank der bis Offenbach weitergeführten Mainkanalisierung (1901) direkt an den Rhein angebunden war.
Die Einweihung des neuen Hauptbahnhofes und des Hauptgüterbahnhofes (1888) war die Initialzündung für ein neues Wohn- und Geschäftsviertel zwischen Innenstadt und Bahnhof (Bahnhofsviertel) bzw. neuer Industrie- und Wohnflächen zwischen Güterbahnhof und Main westlich davon (Gallus- und Gutleutviertel). Die noch den Dimensionen der älteren Eisenbahnverhältnisse entsprechenden Ost- und Südbahnhof wurden aus dichterer Bebauung verlegt und dem Stand der Technik angepasst (1913). Als Verbindung zwischen ihnen entstand die Deutschherrnbrücke.
Nördlich des Güterbahnhofes erhielt die Frankfurter Messe mit der Festhalle (1909) einen festen Standort und eine Keimzelle für den späteren Ausbau. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, wurde 1914 die Universität, als private Stiftung eingeweiht.
Den nach wie vor großen Bedarf an billigem Wohnraum suchten gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften zu mindern. Erstmals in Deutschland wurden dazu auch Bauplätze im Wege des Erbbaurechts vergeben. Es entstanden beispielsweise Siedlungen und Wohnanlagen an der Mainzer Landstraße (Erbbaublock 1901/09, Galluswarte 1898), im Nordend (Burgstraße 1897, Hallgartenstraße, Friedberger Landstraße 1899/1907), im Gallusviertel (Frankenallee, Hellerhofsiedlung 1910), in Eckenheim (Marbachweg 1910) und Riederwald (Riederwaldkolonie 1910).
Text: Klaus Rheinfurth