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XHessens millionster Fernsehzuschauer
Heute wird wohl kaum ein Zuschauer, der sich neu bei der GEZ anmeldet, persönlich von seinem Heimatsender begrüßt und mit Geschenken geehrt. Im Januar 1966 war das noch anders: Hans Thon aus Weiterode bei Bebra wurde 1966 als millionster Fernsehteilnehmer in Hessen registriert und vom Hessischen Rundfunk in die Studios eingeladen.
Anlässlich dieses besonderen Ereignisses nahm sich der hessische Eisenbahnbeamte einen Tag Urlaub und kam zusammen mit seiner Ehefrau nach Frankfurt. Im HR führte Fernsehdirektor Hans-Otto Grünefeldt das Ehepaar durch den Hessischen Rundfunk; natürlich wurde dieses Ereignis gefilmt und der Film bildet heute einen „Archivschatz“ des Hessischen Senders.
Zunächst besuchte das Ehepaar an diesem Tag im HR die Aufzeichnung einer Fernsehsendung mit Heinrich Harrer. Heinrich Harrer (1912-2006), ein österreichischer Bergsteiger, Geograf und Buchautor, berichtete bei der Studioaufzeichnung gerade über seine Erlebnisse im Himalaya, unterbrach die Aufzeichnung aber, um den Ehrengästen ein Buch mit Widmung zu überreichen. Anschließend durften die beiden Neuzuschauer beim Filmset von „Wie wär’s Monsieur“ vorbeischauen. Entgegen des französisch anmutenden Titels handelte es sich bei dabei um eine deutsche Komödie unter der Regie von Rolf von Sydow. Zum Schluss empfing Intendant Werner Hess das Ehepaar aus dem Norden Hessens und schenkte ihm ein Tonbandgerät.
Hans Thon folgte mit seiner Neuregistrierung einem unaufhaltsamen Trend in den 1960er Jahren und stieg sogar vergleichsweise spät ein: Der Fernseher eroberte die deutschen Wohnzimmer und Fernsehen wurde zur Freizeitbeschäftigung Nr. 1. 1957 waren es noch eine Million TVs in den westdeutschen Wohnzimmern, 1970 15 Millionen Geräte. (siehe unser Beitrag zur Online-Ausstellung) Damit hatten drei Viertel der Haushalte ein eigenes Gerät. 1966 sah das Ehepaar Thon noch in schwarz-weiß, am 25. August 1967 gab dann der damalige Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt bei der Funkausstellung in Berlin den Startschuss für das Farbfernsehen in Deutschland – nur wenige Deutsche stiegen anfangs jedoch direkt auf ein Farbfernsehgerät um, kostete es doch zunächst mehrere durchschnittliche Monatsgehälter.
Der Hessische Rundfunk startete sein drittes Programm schon 1964 und produzierte für das ARD. Bekannt und beliebt war damals die Familien- und Firmenserie „Die Hesselbachs“, die in mehreren Staffeln ab 1960 im ARD ausgestrahlt wurde, und der vorab eine Hörspielserie des Hessischen Rundfunks vorausging. Entwickelt wurden die „Hesselbachs“ aus einer Kabarettsendung vom Autor und Hauptdarsteller Wolf Schmidt (Karl Hesselbach, auch als „Babba“ bekannt). Die Fernsehstaffeln hatten zunächst enorme Einschaltquoten und waren echte „Straßenfeger“ (ein Überblick über alle Folgen und die Einschaltquoten findet sich hier: https://www.babbahesselbach.info/p/die-hesselbachs.html)
Sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt, wird Horst Thürling, ehemaliger Chefkameramann des HR, im Institut für Stadtgeschichte im Format „Frankfurt erzählt“ von seinen Erfahrungen aus der Zeit, als das TV noch Fernsehen hieß, berichten.
Text: Kristina Matron
Projektbezug
Ausstellung: Bewegte Zeiten: Frankfurt in den 1960er Jahren